Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat seit 1945 weit über 700 Kirchen und Gemeindezentren mit Sakralräumen gebaut, allein 60 in den letzten 20 Jahren. Während man andernorts von Kirchenverkäufen und -umwidmungen redet, scheint sich in bayerischen Gemeinden ein neues Bewusstsein für die eigenen Kirchenbauten zu entwickeln. Sie thematisieren aktuelle Probleme wie den Umgang mit historischer Bausubstanz, die Auswirkungen wirtschaftlicher Entwicklungen, Bevölkerungs-, Nutzungs- und Rezeptionsverschiebungen, Kirchenbaurichtlinien, die Wechselwirkung von Raum und Liturgie, von Ästhetik und Theologie.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern die Notwendigkeit, Kirchen wieder aufzubauen bzw. neu zu errichten. Die vielen zerstörten Kirchen in den Städten, wie beispielsweise in der Nürnberger Innenstadt, in der alle Kirchen vom Bombardement getroffen waren, sowie auch die Zuwanderung von Flüchtlingen und Vertriebenen in ursprünglich rein katholische Gegenden erforderten eine umfangreiche Planungs- und Bautätigkeit. Entsprechend dem nach dem Dritten Reich einsetzenden Neubeginn gab es auch im architektonischen Bereich Aufbrüche. Eine Vielfalt an Kirchenarchitektur und neuen Konzepten ist das Ergebnis.
Architekten wie Gustav Gsaenger, Olaf Andreas Gulbransson, Albert Köhler, Hans C. Reissinger, Hans-Busso von Busse, Reinhard Riemerschmid, Hans Döllgast, Johannes Ludwig, Werner Eichberg, Helmut Striffler, Franz Nagler, Alexander Freiherr von Branca, Friedrich Kurrent, Theodor Steinhauser und Theodor Hugues und anderen ist es zu verdanken, dass zugleich gemeindenahe, ästhetisch und atmosphärisch ansprechende sowie architektonisch und künstlerisch anspruchsvoll gestaltete Kirchenräume entstanden sind.
Die Architekturgalerie München präsentiert am 28. April das zum Thema erscheinende Buch des Deutschen Kunstverlages und eröffnet eine Ausstellung mit einer Auswahl der im Buch dargestellten 57 Kirchen. Fotografien von Siegfried Wameser und anderen, erläuternden Texten sowie Originalzeichnungen und Modelle geben einen umfassenden Überblick über die typologischen, regionalen und zeittypischen Ausprägungen des evangelischen Kirchenbaus der vergangenen sechs Jahrzehnte.
Im Ausstellungszeitraum liegt der 2. Ökumenischen Kirchentag vom 12. bis 16. Mai 2010.