Eröffnung: Mittwoch, 5. 3. 2008, 19.00 - 21.30 Uhr
Gastredner: Professor Andreas Meck
Vortrag: Mittwoch, 19. 3. 2008 um 19.00 Uhr
"Sichtbeton - praxisgerechte Planung und Umsetzung"
Dr.-Ing. Ch. Sodeikat, Ingenieurbüro Schießl · Gehlen · Sodeikat
An Beton scheiden sich die Geister. Für den Einen der Marmor des 20. Jahrhunderts, für den Anderen der Inbegriff des Scheiterns moderner Architektur, bleibt der Diskurs stets aktuell und vor allem auch emotional aufgeladen. Dabei ist der Beton aus der heutigen Welt längst nicht mehr wegzudenken. Über vier Billionen Kubikmeter werden Jahr für Jahr davon hergestellt; Beton ist damit, hinter Wasser, die zweitgrößte Stofflichkeit, die wir global verbrauchen.
Aufgrund technischer Weiterentwicklungen und gestalterischen Vorstellungen einer neuen Architektengeneration rückt auch der bewusst sichtbar belassene Beton – der Sichtbeton –wieder in den Vordergrund. Dies war der Anlass für die Entstehung dieser Publikation.
Um dem breiten Spektrum der Thematik gerecht zu werden, kommen im ersten Teil des Buches Autoren aus den unterschiedlichsten Disziplinen mit kurzen Essays zum Umgang mit Sichtbeton und dessen Anwendung in der Architektur zu Wort. Dass dabei sehr subjektive, auch kritische Töne angeschlagen werden, war gewünscht. Im zweiten Abschnitt sind fünfzig Bauwerke der letzten fünfzig Jahre in Deutschland dokumentiert. Die Auswahl der Projekte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, versucht aber, einen Querschnitt der Betonarchitektur zu zeigen, der aus unserem Blickwinkel als gelungen betrachtet werden kann.
Fraglos liegt der Schwerpunkt auf Bauwerken der letzten zehn Jahre. Darin spiegelt sich die große Bandbreite des aktuellen Umgangs mit Sichtbeton wider. Trotzdem war uns wichtig, auch einige schon betagte Gebäude zu berücksichtigen. Denn sie stellen das Fundament dar, auf der die heutige Architektengeneration steht. Leider konnten einige bemerkens-werte Bauten der Vergangenheit nicht dokumentiert werden, da ihr Sichtbeton mittlerweile hinter einem dicken Anstrich oder gar hinter einer Putzfassade verschwunden ist.
Das Ergebnis zeigt, dass in unserem Land eine sehr eigenständige und qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit dem Baustoff stattgefunden hat und auch heute nicht den internationalen Vergleich zu scheuen braucht. Natürlich kann keines der Bauwerke zur Gänze im Buch repräsentiert sein. Vielmehr war unsere Intention, ein kleines spannendes Lesebuch in Form eines Architekturführers herauszugeben. Er soll Lust machen auf die Bauwerke und fordert unmissverständlich dazu auf, sich die Architektur selbst vor Ort anzuschauen.
Für die Publikation und Ausstellung wurden alle Projekte von den beiden Fotografen Bernd Seeland und Christoph Engel mit dem Ziel neu fotografiert, eine einheitliche Bildsprache zu erreichen. Durch diese Art der Herangehensweise entstanden Bilder, die durch die individuelle Betrachtung der Fotografen sowohl dokumentieren als auch interpretieren. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Projekte kam als verbindendes Element ausschließlich Schwarz-Weiß-Fotografie zum Einsatz, die gleichzeitig in ihrer Abstraktion dem Werkstoff Beton entgegen
kommt.
Die Vielzahl der Projekte konnte ohne weitere Vorgaben seitens der Herausgeber fotografiert werden. So konnten die Fotografen ungezwungen die Architektur erfahren und sie in ihrer subjektiven Sichtweise interpretieren. So sind die Fotografien Bilder einer sehr persönlichen Erfahrung eines Ortes zu einer speziellen Zeit, ein Zeitdokument in der Geschichte der einzelnen Bauwerke.
Alle Aufnahmen sind als klare Objektfotografien konzipiert, die der klassischen Vorgehensweise in der Architekturfotografie entsprechen. Sie sind im Sinne einer Sachfotografie an das Objekt gebunden. Jedoch kann kein Bild die Erfahrung von Architektur wiedergeben. Der Versuch, mit Fotografien Architektur zu erklären und deren Funktion aufzuzeigen, kann nicht gelingen. So zeigt sich die ästhetische Qualität einer Architekturfotografie gerade darin, dass sie Fragen aufwirft, dass sie Interesse am Entdecken weckt. Enge Aus- und Anschnitte sowie das Einbeziehen von Fragmenten der Landschaft abstrahieren vielmehr die Architektur zur Skulptur. Ebenso unterstützt die zumeist menschenleere und autofreie Szenerie diese Wirkung.
Im Idealfall entstehen Bilder, die über die reine Darstellung der Architektur hinausreichen, die die Rezeption von Architektur vielmehr definieren. Die Fotografie konstruiert eine Wirklichkeit, die so nicht wahrgenommen werden kann. Eine Realität, die reproduziert wird und für die meisten Betrachter auf lange Zeit oder für immer das alleinige Bild ist, das sie von einem Gebäude haben. So steht die Fotografie zumeist am Anfang der architektonischen Erfahrung und hat wie kein anderes Medium die Wahrnehmung und Vorstellung von Architektur geprägt. Bereits für einige namhafte Architekten ist die Realität von Architektur nicht mehr die gebaute Architektur, sondern das Erschaffen eines Bildes. Das Bild hat den Charakter der Realität <b>angenommen</b>.